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Die Besiedlung Bünne

Das Leben der ersten Siedler und die weitere Besiedlung in Bünne:

 

Der Lebensunterhalt wurde von den ersten Siedlern in Bünne hauptsächlich von der Jagd, dem Fischfang und der Ernte von Naturfrüchten bestritten.

Nach und nach begannen die ersten Ansässigen in Bünne ein kleines Stück der umliegenden Landfläche für den Ackerbau zu kultivieren und die ersten Haustiere zu halten.

Zur Düngung dieser „Einfeldwirtschaft“ wurden Plaggen aus den freien Gebieten, den sog. gemeinschaftlichen Marken, gestochen und mit dem Dung der Haustiere, zunächst meist Schafe, vermengt. Aus diesen ersten Ackerflächen sind über ca. 1000 Jahre (ca. 870 – 1870) die sich langsam erhöhenden „Esch-Flächen“ entstanden, auch Plaggenesch genannt. Als Weidegebiete standen den Haustieren die noch frei zugänglichen gemeinschaftlichen Marken mit Heide und Wald zur Verfügung.

Die ersten Bauernhöfe zeigten seit der sächsischen Zeit ein ziemlich gleichbleibendes Bild. Inmitten des Hofwaldes aus Eichen lag das Bauernhaus. Die Hofstelle war mit einem Wall und einer Wallhecke, der Hufe, umfriedet. Der angrenzende und ebenfalls eingefriedete Hausgarten war für den Anbau von Obst, Gemüse und Flachs bestimmt. Der gute Esch war der gemeinsame Brotacker der kleinen „Bauerschaft“. Auch er war umwallt und geschützt. Als die Eschländereien nicht mehr ausreichten, legte man „Kämpe“ an.

Der nichtumwallte Grund und Boden war die Mark und gehörte zunächst gemeinschaftlich den Bauern als Markgenossen und später als „Gemeinheit“ dem Landes- oder Gutsherrn. Die Markgenossen hatten danach nur noch das Nutzungsrecht. Die ersten Siedler wurden Vollerben genannt und hatten das größte Nutzungsrecht in der Mark, die nächsten Siedler wurden Halberben, Viertelerben usw.  Diese Einteilung der Mark wurde als Erbesqualität bezeichnet.

Für den Besitzer des Erbes kam in späterer Zeit die Benennung „Zeller“ auf. Dieses Wort ist abzuleiten von dem niederdeutschen „telen“, das im ursprünglichen Sinne „erzeugen, fortpflanzen“ und in weiterem Sinne „durch Bewirtschaftung hervorbringen“ bedeutet. Zeller ist somit derjenige, der das Geschlecht fortpflanzt und den Hof bewirtschaftet.

Die freien Markengebiete wurden mit der Zeit immer kleiner und daher auch begehrter. Bei Streitigkeiten über die Nutzungsrechte entschied nun der Markenrichter. Die Marken- und Holzrichter auf dem Holzgericht, dem Hölting, waren für Bünne früher in der Entstehungszeit die „Herren von Dincklage“ und später ab 1677 die Herren von Galen in der „Herrlichkeit Dincklage“ bis 1827. Die letzten freien Marken in Bünne wurden 1870 aufgeteilt.

Das Kirchspiel Dinklage, bestehend aus den Bauerschaften Bünne, Wulfenau, Bahlen, Höne, Langwege, Schwege, Hörst und Wiek, zählte im Jahr 1468 bereits 114 Haushalte bzw. Feuerstellen mit 409 Personen. Zum Vergleich waren es in Lohne 396 und in Vechta 479 steuerpflichtige Personen. Dinklage zählte damals zu den größeren Kirchspielen.

 

Die Stufen der Ansiedlungen in Bünne:

Die Vollerben- oder Ganzerbenstellen in Bünne waren:

Ganzerbenstellen heißt: Ganze einpflügige Erben („worauf ein ganzer Pflug geht“)

Westendorf, heute Herms-Westendorf und Hugo-Westendorf,

Schulte zum Ostendorf, heute Schulte in Schwege,

Middendorf (Jans-Middendorf und Kersten-Middendorf), heute gr. Rebel und Böckmann,

Bünnemeyer (Arns-Bünnemeyer und Diers-Bünnemeyer), heute Arns-Bünnemeyer und Windhaus,

Thomann, Tappehorn, aus diesen beiden Stellen wurde 1860 die Hofstelle Hörstmann gebildet,

Strüfing, dann Prüllage (genannt Prenger), seit 2014 Christoph Pohlmann.

Middendorf, Westendorf und Bünnemeyer wurden im Laufe der Entwicklung einmal geteilt. Schulte zum Ostendorf kam im 16. Jahrhundert zu Schwege.

Westendorf, Ostendorf und Middendorf wurden nach ihrer damaligen geographischen Lage benannt.

Bünnemeyer war als Bauernschaftsvorsteher der „Meyer“ von Bünne. Das Meyer-Recht oder Maier-Recht bedeutete seit 1290 das Verwaltungsrecht der Höfe. (lat: maior, franz.: maire, engl.: mayor = Bürgermeister)

Die Hofstellen Thomann und Tappehorn gibt es seit Mitte des 19. Jahrhunderts nicht mehr. Thomann lag auf dem „Kamp“ der heutigen Erbengemeinschaft von Clemens Sieve, nahe an Moormann und Tappehorn lag direkt neben Hilgefort (Hilgefauert, heute Thöke). Diese beiden Ganzerben-Hofstellen gingen 1834 nach dem Freikauf in Konkurs und wurden 1860 vom Krämer, Apotheker und Wirt Hörstmann aus Dinklage gekauft. Hörstmann siedelte danach nach Bünne aus, in etwa zwischen diesen beiden Hofstellen.

 Die Halberbenstellen in Bünne waren:

Halberbenstellen heißt: Halbe einpflügige Erben, („worauf ein halber Pflug geht“)

Moormann und Hilgefort (dann Barklage, heute Tölke).

Bei Hilgefort (Hilgefauert = Heilige Furt) war ein Flußdurchgang durch den Bach, heute Brücke der Quakenbrücker Straße.

Alle diese Erbenstellen waren leibeigene Stellen folgender Güter:

Burg Dinklage, Burg Hopen in Lohne, Gut Diek in Langwege oder Gut Lage in Gut Lage.

Den „Zehnten“ als Abgabe in der Bauernschaft Bünne hatte zunächst das Gut Bomhof in Langförden, ab 1677 die Grafen v. Galen auf Burg Dinklage.

Köttereien:

Kotten, auch Kote oder Kate bzw. Kathe, kommt vom plattdeutschen „kott“ oder „kett“ und meint ein „kurzes, kleines oder niedriges Haus“. Eine weitere Bedeutung sind Kotte ‚Korb‘ und Kotte ‚Hütte‘ und meinen ein Flechtwerk: Als Kotten dürfte sich also ein aus Rutengeflecht hergestelltes und dann meist lehmverputztes Bauwerk bezeichnen. Diese Bautechnik war Standard für die Füllungen (Gefache) eines kleineren Fachwerkhauses.

Im allgemeineren Sinne meint es dann auch ein einfacheres Wohnhaus in Abgrenzung zu den massiven Eichenholzfachwerken der älteren Ganz- und Halberbenstellen.

Die Erbkötter oder Pferdekötter waren nach Abschluss des Siedlungsausbaus der Erbenstellen um 1250 die sozial nächste Stufe der Entwicklung. Sie erhielten innerhalb der Siedlungsgruppe eine Hofstelle und etwas Ackerland vom Ganz- oder Halberben. An der Nutzung der Mark waren sie später meist auch berechtigt. Sie waren in Dinklage-Bünne weniger verbreitet.

In der nächsten Stufe der Besiedlung kamen zu Beginn der Neuzeit die Markkötter oder Brinkkötter, die sich zwischen 1450 und 1550 niederließen. Sie hatten durchweg keine geschlossene Hufe (Hofstelle) und wurden von der Markgenossenschaft mit einem „Zuschlag“ aus der Mark ausgestattet. Ihre Höfe lagen abseits der Siedlung am Rande der Mark und waren zunächst meistens noch gutsherrnfrei, aber leibdienstpflichtig an die Landesherrschaft. Zu dieser Schicht kamen in der frühen Neuzeit um 1600 noch die Brinksitter und Brinkligger hinzu, die es jedoch in Bünne wohl nicht gab.

Die Köttereien in Bünne waren:

Wehrmann (heute Zumbrägel), kl. Wehrmann (heute Meyer-Wehrmann), Herzog, Kamphaus, Prüllage, Nemeding, Goßmann (heute Blömer und Espelage), Gieske (heute Berding-Grünheim), 2x Scheper (die Scheperei gab es bis 1907, heute Seelhorst und Kröger-Scheper), Kröger, kl. Brockhaus (Künken, dann Scheper), Macke (heute Vodde) und Beckmann (Bäkens – heute Arlinghaus).

Gieske ging nach dem Freikauf 1832 in Konkurs und wurde zuschlagen. Aus der Stelle gingen Lange, Scheper, später dann Seelhorst sowie Renke, Grünheim, später dann Berding hervor. Gieske siedelte nach Bersenbrück-Talge aus.

Die Scheper-Stelle, seit 1921 durch Einheirat Kröger-Stelle, wurde 1849 an Graf Galen verkauft und 1951 zurückgekauft. Scheper-Kröger blieb währenddessen 102 Jahre als Pächter auf der Stelle.

 

Heuerleute:

Schließlich entstand aus den Wirren des 30-jährigen Krieges um 1650 noch das Heuerlingswesen. Viele abgehende Bauernkinder gingen im 17. und 18. Jahrhundert auf eine Heuerstelle. Die Heuerleute waren ohne Grundbesitz und ohne Markenberechtigung. In den unkultivierten Markengebieten, meist Wald-, Sumpf- oder Heidegebiete in Bünne, wurde ihnen vom Bauern ein Heuerhaus und ein Stück Wildnis aus der Mark zur Kultivierung zugewiesen.

Die Zahl der Heuerleute hatte um 1840 seinen höchsten Stand und stellte ca. 75% der etwa 600 Bewohner in Bünne zu dieser Zeit dar. Die zum Teil von den Hofnamen oder Vornamen abgewandelten und im Alltag gebräuchlichen Namen waren:

Putken, Hemken, Schanzen, Eifken, Knieper, Heppken, Eskhus, Lütkhus, Hermken, Kessken, Prinzsin, Minken, Anton, Popen, Hüsken, Hinnken, Kupers, Kiels, Wullbernd, Baun, Goosjan, Pundsin, Plümers, Pikkewind, Künken, usw…

Im Jahr 1837 kamen von den rund 38.000 Einwohnern im Amt Vechta etwa 25.000 Menschen aus Heuerleute-Familien. Das waren zwei Drittel der Bevölkerung und somit der weitaus überwiegende Teil.